Der Dom St. Nikolai und seine Geschichte

  1. Der Dom
  2. Mittelalterliche Baugeschichte
  3. Gründung von Kollegiatstift und Universität – Vollendung des Kirchenbaues
  4. Der zweite Turmeinsturz und der Wiederaufbau von St. Nikolai
  5. Die romantische Kathedrale
  6. Die Baumaßnahmen und Umgestaltungen des Domes vor 1989
  7. Die Dompfarrer seit der Reformation

Der Dom St. Nikolai

Inmitten der Greifswalder Altstadt gelegen, überragt der mächtige Baukörper der Nikolaikirche mit seinem hohen Turmhelm weithin die umgebende städtische Bebauung und ist damit eines der Wahrzeichen der Stadt. Wie in vielen norddeutschen Städten trägt die gotische Backsteinkirche den Namen des Heiligen Nikolaus von Myra (um 285 - um 350), der als Schutzpatron der See- und Kaufleute im Mittelalter sehr beliebt war.

Die Entwicklung der Kirche ist wie die der beiden anderen Pfarrkirchen St. Marien und St. Jacobi eng an die Entwicklung Greifswalds im Mittelalter gebunden. Die um 1230 südlich des Flusses Ryck auf einer Anhöhe begonnene und 1248 erstmals urkundlich genannte Ansiedlung Grypheswald verdankt ihre Entstehung dem 5 km östlich gelegenen Zisterzienserkloster Eldena. 1249 belehnte der Eldenaer Abt den Pommernherzog Wartislaw III. mit der Bedingung, dass die Patronatsrechte aller vorhandenen (namentlich jedoch nicht genannten) und noch zu gründenden Kirchen beim Kloster verbleiben. Mit der Verleihung des Lübischen Rechts 1250 beginnt der Ausbau der Stadt, spätestens nach der 1264 erfolgten Zusammenlegung mit einer inzwischen entstandenen Neustadt auch die Anlage des rasterförmigen Stadtgrundrisses, in dem die späteren Kirchenbauten verteilt sind.

Mittelalterliche Baugeschichte

Vom Baukörper einer erstmals 1263 im Zusammenhang mit einer Glocke erwähnten Nikolaikirche ist bisher nichts bekannt. Dagegen haben sich in den Triumphbogenpfeilern zwischen heutigem Chor und Langhaus Mauerwerksteile erhalten, die zusammen mit einem ehemaligen Außensockelbefund unter dem südöstlichen Freipfeiler in das letzte Drittel des 13. Jhs. zu datieren sind. Der damit rekonstruierbare einschiffige Chorbau gehörte zu jener Kirche, die in den Jahrzehnten um 1300 durch Verleihung kirchlicher und rechtlicher Befugnisse den Rang einer Propsteikirche erlangte. So ist bereits 1294 ein Propst erwähnt, ab 1308 nimmt dieser in Vertretung des Kamminer Bischofs weitreichende geistliche Gerichtsbefugnisse wahr. Die damit erreichte Sonderstellung wird im Verlauf des 14. Jhs. weiter ausgebaut und führt gleichzeitig zu umfangreichen Baumaßnahmen.

Für die 1360er Jahre sind dazu zahlreiche Nachrichten zu Kapellenkäufen, Altar- und Messstiftungen überliefert. Damals entwickelte sich Greifswald neben Stralsund zur zweitgrößten Stadt im Herzogtum Pommern, allein von 1310 bis 1362 fanden in Greifswald fünf Hansetage statt. Es entstand westlich des älteren Chores eine fünfjochige und durch Achteckpfeilerreihen unterteilte dreischiffige Hallenkirche, die im Westen durch das gleichzeitig und im horizontalen Glasurwechsel begonnene Turmuntergeschoss begrenzt war. Mit dem Neubau der Hallenkirche wurde die in Süddeutschland sowie der Mark Brandenburg an Stadtpfarrkirchen entwickelte Neuerung des nach innen versetzten Strebepfeilers übernommen, so dass an den Seitenschiffen etwa gleich große Kapellenräume angeordnet werden konnten.

Der am Hallenlanghaus ausgeführte Aufriss sollte auch für einen neuen, gegenüber dem Langhaus nur leicht eingezogenen Chorneubau angewendet werden. Dessen Errichtung erfolgte jedoch um 1385 in basilikaler Form als fünfjochiger Baukörper mit einer das Mittelschiff abschließenden hoch aufragenden geraden Ostmauer, an die die östlichen Abschlüsse der Seitenschiffe schräg herangeführt sind. Ein Grund für den Planwechsel war vermutlich die Absicht, der Greifswalder Propstei für die Einrichtung eines Kollegiat- bzw. Domstiftes auch eine entsprechende architektonische Gestalt zu verleihen. Bereits 1395, nachdem ein Großteil des 1411 in Schriftquellen mehrfach als neu bezeichneten Chores (novo choro) ausgeführt gewesen sein dürfte, wird daraufhin den Klerikern an St. Nikolai das sonst im wesentlichen nur Dom- und Kollegiatstiftern vorbehaltene Tragen einer speziellen Kopfbedeckung, des Baretts, zugestanden.

Anfang des 15. Jhs. wurde auch das Langhaus basilikal umgebaut. Die Arkaden und Achteckpfeiler wurden teilweise zugesetzt bzw. ummantelt und das Mauerwerk darüber bis in Höhe des Chorobergadens aufgeführt. Danach erfolgten die Einwölbungen von Chor und Langhaus, letzteres mit reichen Sterngewölben in den Seitenschiffen. Der Status einer Kollegiatskirche wird jedoch trotz Stiftung eines Horenpriesterkollegiums um 1410/20 und Bemühungen an der päpstlichen Kurie nicht erreicht. Der Kirchenbau dagegen hatte mit der Errichtung des zweiten und dritten Turmgeschosses sein heutiges homogenes Erscheinungsbild weitgehend erreicht.