Zum Sonntag Lätare - 22. März 2020

Alle Lieben, die Sie diese Zeilen jetzt lesen, statt eine Predigt im Dom zu hören: Der Friede Gottes sei mit uns!

Zunächst habe ich schon gezögert, ob ich meine geplante Predigt, die fast  fertig war, nun einfach schriftlich weitergeben soll. Und dann habe ich vieles daran geändert. Denn so vieles hat sich inzwischen getan, die Ereignisse überschlagen sich, und manche Botschaft aus Bibel und Kirchenjahr kommt da fast seltsam daher:

Lätare- so heißt dieser Sonntag- Freut euch - oder, mit einem bekannten Lied
(EG 398) – „In dir ist Freude in allem Leide“!
Ein kleines Ostern sollte das heute sein- mitten in der Passionszeit!

DIE allerdings ist uns wohl gar nicht mehr so fern, wenn auch ganz anders als gedacht:  Ohne Gottesdienste, ohne Passionsmusiken usw., dafür aber mit spürbarer Gefährdung des Lebens- der Gesundheit, der beruflichen Existenz und vieler Zukunftsplanungen- mit wirtschaftlichen Abbrüchen, sozialen und kulturellen Einschränkungen, persönlichen Ängsten und drohender Einsamkeit - und das abgestuft, aber doch: weltweit! Wer kann da noch von Freude reden?

Sicher können wir sehr dankbar sein für vieles, was wir auch bei uns erleben: hoher medizinischer Einsatz- gelebte soziale und politische Verantwortung- wirtschaftliche Hilfen- und nicht zuletzt, dass wir wenigstens hier bei uns genug zu essen und genug Wasser zum Händewaschen haben!
Aber wo wird das alles hinführen, wie lange wird es dauern- und was geschieht danach? Hier und da suchen wir nach neuen Möglichkeiten- virtuell und kreativ - und können auch Wichtiges wieder besser von Unwichtigem unterscheiden.
Und doch wachsen die Sorgen und Ängste, um uns und in uns.

„Dem widersteht fest im Glauben“ (1.Petr. 5,9) - so möchte ich mir selbst - zur „Risikogruppe der Älteren“ gehörig- und Ihnen allen zurufen, und vorsichtig fragen: Ob Gott uns gerade jetzt etwas Besonderes zu sagen hat?

Der biblische Text für die Predigt heute (Jes.66, 10-14) redet auch zu sehr verunsicherten Leuten, die gerade aus dem Exil in ihr verwüstetes Land zurückkamen -nach Krieg, Zerstörung und Gefangenschaft.
Die Trümmer, die sie zu Hause vorfanden, nährten ihre Angst.

Doch Gottes Verheißung für die Zukunft ist größer:
Liebe, die uns nährt - Frieden wie ein Strom-  und neue Freude!

Und mittendrin die erstaunliche Zusage:

(Stefanie Bahlinger, Verlag am Birnbach)

Jetzt, wo wir unsere Verbundenheit sogar durch körperliche Distanz ausdrücken müssen, berührt uns dieses Wort vielleicht besonders:

Gott umarmt uns! - zärtlich, beschützend und ermutigend! Ich bin dir ganz nah- sagt Gott-, bin für dich da, und in meinem Schoß bist du geborgen. Ihr alle seid niemals allein, was immer euch jetzt umtreibt.
Ihr seid verletzlich, und endlich,  aber nicht verloren!  

Das zeigt uns Jesus mit Seinem Kreuz noch einmal ganz neu.
„Ihr habt nun Traurigkeit“- sagt er (Joh.16, 22). Ja, so ist es; das wird nicht kleingeredet oder religiös verbrämt.
ABER- sagt Christus!
„Aber ich will euch wiedersehen und euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll niemand von Euch nehmen!“ Da ist Ostern, wie ein Vorgeschmack der Ewigkeit. Darauf gehen wir zu- was immer geschieht. Für die Ewigkeit dürfen wir hoffen- auf das Ende aller Tränen und  auf die Freude, die nie vergeht.  

Aber noch ist es anders.
Wir leben noch zwischen Freude und Leid; darum brauchen wir immer wieder Ermutigung: Arme, die uns trösten, und Lichtzeichen der Hoffnung, damit wir nicht am Boden liegen bleiben. Gott weiß das, und er ist an unserer Seite!

Dietrich Bonhoeffer schreibt im Advent 1942-
„Die Freude Gottes ist durch die Armut der Krippe und die Not des Kreuzes gegangen; darum ist sie unüberwindlich…Sie leugnet nicht die Not, aber sie findet mitten in ihr…  Gott ..Sie sieht dem Tod ins Auge, aber sie findet gerade in ihm das Leben.“

Das kann uns Kraft geben, und Mut.
„Mut ist Angst, die gebetet hat“- sagte einmal die niederländische Christin Corrie ten Boom. Also beten wir doch! Beten, das bleibt unsere große Möglichkeit, jetzt mehr denn je- – für uns, füreinander, und für alle, die es besonders nötig haben.
Und dann lasst uns das tun, was wir selber können- mit Gottes Hilfe:
Uns besonnen schützen und helfen, dankbar werden und miteinander Ängste teilen- und vor allem: Hoffnung stärken.

Am liebsten würde ich jetzt zum Schluss - und immer mal wieder - mit Ihnen ganz ruhig ein Lied aus Taizé singen (BH EG 181) - das dauert etwa 30 Sekunden, gerade so wie das nötige Händewaschen, und es kann unser Herz in der nächsten Zeit begleiten:

Meine Hoffnung und meine Freude,
meine Stärke, mein Licht:
Christus, meine Zuversicht,
auf dich vertrau ich und fürcht mich nicht-
auf dich vertrau ich und fürcht  mich nicht!

Amen- So soll es sein.

Gott behüte Sie!

Christa Göbel,
Pastorin i.R.

Zurück